Bemühungen, klimaschädliche Treibhausgase zu reduzieren, gibt es allerorts. Die Königsdisziplin ist freilich, bei der Produktion von Waren und Genussmitteln überhaupt keine Emissionen mehr freizusetzen respektive diese vollständig auszugleichen. Ein schwieriges Unterfangen, das aber im Frühjahr erstmals auch in der irischen Whiskey-Branche gelungen ist; konkret der Ahascragh Distillery aus dem gleichnamigen Dorf im County Galway amWild Atlantic Way. Die emissionsfreie Herstellung von Whiskey und Gin schafft das Familienunternehmen dank der ausschließlichen Nutzung erneuerbarer Energie aus Wind und Sonne, kombiniert mit einer innovativen Wärmepumpentechnologie, einer Wärmerückgewinnung und Energiespeichersystemen. Gareth McAllister, Geschäftsführer der von ihm und seiner Frau Michelle 2018 gegründeten Brennerei, sagt: „Es war ein steiniger Weg, den Prozess richtig hinzubekommen, aber dieser Meilenstein stellt unser anhaltendes Engagement für Nachhaltigkeit dar und bestärkt unsere Überzeugung, dass verantwortungsvolle Geschäftspraktiken nicht nur gut für den Planeten, sondern auch für die Zukunft unserer Branche von wesentlicher Bedeutung sind.“
Ausgezeichnete Arbeit
McAllisters Engagement sorgt für viel Aufmerksamkeit, nicht nur bei anderen Destillerien, sondern auch bei Energieexperten. So wurde das Unternehmen jüngst von der Sustainable Energy Authority of Ireland geehrt – für den weltweit ersten Einsatz nachhaltiger Wärmepumpen in der Destillation. Dabei handelt es sich nicht um die einzige Auszeichnung für die in einer restaurierten Mühle aus dem 19. Jahrhundert untergebrachten Destilliere. Die Ahascragh–Premiumprodukte „Clan Colla Whiskey“ und „Xin Gin“ räumten bereits mehrere prestigeträchtige Preise für die Qualität ihrer Produkte ab, darunter Goldmedaillen bei der „San Francisco World Spirits Competition 2024“.
Wind, Sonne, Wärmespeicher
Von der hohen Qualität können Interessierte sich direkt vor Ort überzeugen, gehört doch bei den zweimal täglich angebotenen Destillerietouren – natürlich – auch die Verkostung mehrerer hauseigener Spirituosen dazu. Bevor aber die Unterschiede verschieden alter Whiskeys erschnuppert und erschmeckt werden können, führen Mitarbeiter über das Areal und informieren dabei nicht nur über die Whiskeyherstellung, sondern auch viel über all die modernen Innovationen, die die Emissionsfreiheit ermöglichten. Dazu zählt auch das restaurierte Wassermühlenrad, das mit moderner Wasserkrafttechnologie kombiniert und in das Wasserenergiesystem der Brennerei integriert wurde. Neben dem Einsatz von Wind- und Solarenergie dürfte der wichtigste Schritte hin zur Emissionsfreiheit wohl die Entwicklung eines neuartigen Wärmespeichers sowie die eines optimalen Wärmerückgewinnungsprozesses sein. „Dieser ermöglicht es, Energie zu recyceln, die normalerweise verschwendet würde“, erklärt McAllister. Allein durch diesen Prozess konnte die Ahascragh Distillery eine jährliche CO2-Einsparung von 706 Tonnen erzielen.
Weniger Energiekosten, mehr Ausstellungsfläche
Als weitere erfolgreiche Maßnahmen gelten die strenge Überwachung des Wasserverbrauchs, die ausschließliche Verwendung regionaler Zutaten und der Einsatz möglichst nachhaltiger Verpackungen. Wobei die Reduzierung der CO2-Emissionen nicht nur aus ökologischer Sicht zu begrüßen ist, wie McAllister ausführt: „Sie ist auch wirtschaftlich sinnvoll. Durch die Implementierung dieser Prozesse und Effizienzsteigerungen konnten wir eine Reduzierung unserer Energierechnungen um 30 bis 40 Prozent verzeichnen.“ Das gesparte Geld steht so für weitere Innovationen zur Verfügung – und ein neues Besucherzentrum, dessen Eröffnung noch in diesem Jahr geplant ist. Dort soll neben alten Mühlenteilen vor allem „die Vergangenheit und Zukunft des ,Ahascragh-Spirits‘ in allen Facetten zur Schau gestellt werden“.
Die Collas und die McAllisters
„Clan Colla“, wie eine Marke der in der Ahascragh Distillery hergestellten Whiskeys heißt, trägt ihren Namen in Anlehnung an eine irische Legende. Demnach herrschten die drei Brüder Colla Uais, Colla Fo Chríund Colla Menn einst über den größten Teil Irlands. Colla Uais wurde im 4. Jahrhundert, nachdem er den Ard Rí, den Hochkönig von Irland, getötet hatte, selbst Ard Rí. Wobei die Herrschaft nicht lang währte, die Familie wurde wegen dieses Verbrechens nach Schottland vertrieben. Generationen später kehrten die Collas jedoch mit einer Armee zurück und gründeten in Ulster das Königreich Airgialla, das in heutigem Irisch Oirialla und auf Englisch Oriel genannt wird. Nachkommen der „Three Collas“ gehören zu den angesehensten Familien Irlands und Schottlands, darunter auch die McAllisters. Im 19. Jahrhundert war McAllisters „Clan Colla Irish Whiskey“ für seine außergewöhnliche Qualität bekannt. Im Zuge des Niedergangs des irischen Whiskeys ging diese Marke ein, bis sie vor einigen Jahren in Ahascragh ein Comeback feierte.
Tipp: Der Galway Whiskey Trail
Das gerade einmal 50 Kilometer von Ahascraghentfernte Galway bietet ein besonderes Highlight: den Galway Whiskey Trail, der 2015 zum 200-jährigen Bestehen des Whiskey-Destillierens in Galway eröffnet wurde. Der Trail ermöglicht eine umfassende kulturelle und historische Entdeckungstour durch die an der Westküste Irlands gelegene Studentenstadt, indem er zwölf geschichtsträchtige Pubs zu einer Tour verbindet. Die ist – natürlich – zu Fuß machbar! Besucher können mit einer (Online)-Karte den Trail verfolgen und dabei Whiskey-Wissen erwerben und verschiedene Sorten probieren. Im „Sonny Molloy’s“ erfahren sie von der Persse‘s-Destillerie und finden seltene Spirituosen vor. „Freeneys“, ein ehemaliger Gemischtwarenladen, wartet mit einer besonders beeindruckenden Whiskeyauswahl auf. „The King’s Head“ beeindruckt mit seiner 800-jährigen Geschichte, die preisgekrönte „Blake’s Corner Bar“ mit einer stimmungsvollen Atmosphäre und „O’Connell’s“ mit einer Kulisse, die Musikfans aus dem Video von Ed Sheerans Welt-Hit „Galway Girl“ kennen.