Ziegenhof im Wiesengrund

Eine Arche für Hühner, Schafe & Rinder
1. Februar 2024

Ein Beitrag von Lisa Grimmeiß
 

Bunte Bentheimer Schweine, Sundheimer Hühner, Pommersche Landschafe, Diepholzer Gänse, Pommernenten und Hinterwälder Rinder – der Ziegenhof im Wiesengrund ist eine Arche für vom Aussterben bedrohte Nutztiere. Auf dem Biohof im schleswig-holsteinischen Malkwitz bei Malente finden sie ein neues Zuhause. Überdies wird so die genetische Vielfalt erhalten. Auf dem Demonstrationsbetrieb werden sie gezüchtet, geschlachtet und vermarktet, ganz nach dem Prinzip „Erhalt durch Genuss“.

© Laura Wittemann

Von Säuen und Ebern

Angefangen hatte damals alles mit einem kleinen Biofamilienbetrieb mit Hühnern und Schweinen, alles für den Eigenbedarf. „Wir hatten ein Schlüsselerlebnis“, erinnert sich die Betriebsleiterin Bärbel Lorenzen, „durch das sind wir zur Nutztier-Arche geworden“: Eine Sau erlitt einen Herzinfarkt, während sie mit dem Eber zusammen war. Da kam es zum Umdenken: Schweine, die die „natürlichste Sache der Welt“ nicht überleben, das passt nicht zum Verständnis von Tierwohl der Lorenzens.

Es mussten robustere Schweine her! So kamen die Lorenzens zu den Bunten Bentheimer Schweinen, eine alte und stark gefährdete Landschweinerasse. Die „Kult“-Tiere leben ganzjährig draußen auf der Weide. Sie sind sehr fruchtbar und machen sich großartig als Mutterschweine. Außerdem sind sie besonders gesellig und lebensfroh. Das Fleisch der Bunten Bentheimer Schweine ist ausgesprochen schmackhaft – so sehr, dass es schon Vegetarier von sich überzeugt hat, erzählt Betriebsleiter Dirk Lorenzen.


Eine Arche für Tiere

„Und dann wollten wir auch offiziell Nutztier-Arche werden“, so Lorenzen. Über ihren Verein „Nutztier-Arche Ziegenhof – Bauernhof erleben e. V.“ möchte das Ehepaar noch mehr Menschen für den Ökolandbau begeistern. „Kinder wie Erwachsene müssen einen Bezug zu ihren Lebensmitteln herstellen, um sie wertzuschätzen zu können“, sind die beiden überzeugt. Dazu gehört auch, vermeintliche Tabuthemen anzusprechen, wie zum Beispiel „Wie aus dem Schwein eine Salami wird“.

Deshalb holen sie als Demonstrationsbetrieb Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Hof, um sie mit den Themen artgerechte Haltung, Schlachtung und Verarbeitung vertraut zu machen. Ihre Idee: „Wir sprechen die Kinder an, um so an die Eltern heran zu kommen. Man bewegt die Eltern zum Umdenken, wenn die Kinder überzeugt sind – und das geht ganz schnell“, weiß Bärbel Lorenzen.

© Laura Wittemann

Hühner, Schafe & Co.

Angefangen mit den Bunten Bentheimer Landschweinen, folgten schnell bedrohte Hühner-, Enten- und Gänserassen. Die Sundheimer Hühner, die auf dem Hof leben, gelten als das älteste Zwiehuhn und können beides, Eier legen und Fleisch ansetzen. Sie sind ruhige, zutrauliche Nichtflieger. Die Pommernenten leben zusammen mit den Diepholzer Gänsen auf dem Teich des Ziegenhofs. Die leise schnatternden Enten sind unermüdliche Schneckensucher. Unter Kennern gilt ihr Fleisch als Delikatesse. Die Diepholzer Gans ist eine der wenigen noch existierenden Landgänserassen. In der Nacht und vor dem Fuchs können sich die Tiere des Demonstrationsbetriebs in den großzügigen Stall flüchten.

Ein Zuhause auf dem Ziegenhof, das haben auch bedrohte Rinder und Schafrassen gefunden: Die zahmen Pommerschen Landschafe leben das ganze Jahr auf der Weide. Auf Zuruf kommen sie gelaufen und lassen sich streicheln. Auch die die Hinterwälder Kühe auf dem Ziegenhof sind sehr zutraulich und lassen sich gerne füttern und streicheln.

Namensgeber des Biohofs sind allerdings die Ziegen. Sie leben das ganze Jahr über draußen auf der Weide. Dort futtern und malmen sie das frische Gras und Heu der Wiesen. Aus der Ziegenmilch stellt Bärbel Lorenzen Käsespezialitäten her – das hat sie sich vor acht Jahren selbst beigebracht. Naturreines Lab, Spezialkulturen sowie Meersalz und verschiedene Bio-Kräuter sind die einzigen Zusatzstoffe, die Verwendung finden.


Schweine- und Rinder-Leasing

Auf dem Ziegenhof gilt: Erhalt durch Genuss. Das Prinzip ist einfach: „Wenn ich eine Rasse über den Geschmack bekannter machen und dadurch ihre Nachfrage steigern kann, dann dient das ihrem Überleben“, erklärt Bärbel Lorenzen. „Hätten wir sie nur zum Streicheln, wäre der Betrieb nicht wirtschaftlich. Durch den Verkauf und Genuss der Tiere, verdienen sie sich ihren Unterhalt und letztlich ihre Existenzberechtigung.“

Für die Vermarktung setzen die Lorenzens auf ein kreatives Konzept: Das Schweine- und Rinder-Leasing. Über viele Monate werden die Nutztiere auf dem Biohof großgezogen und können jederzeit von ihren Besitzerinnen und Besitzern besucht werden. Wem das nicht möglich ist, dem schicken die Lorenzens auch Bilder „seines“ Schweins oder „seiner“ Kuh zu. Die Vermarktungsidee hat schon viele Menschen auf die Nutztier-Arche aufmerksam gemacht. „Die Leute verschenken Schweine zum Geburtstag des Vaters oder zur Hochzeit der Tochter“, freut sich Dirk Lorenzen.

Ziegenhof im Wiesengrund

Bärbel Lorenzen
Dorfstraße 42
23714 Malkwitz

Telefon: 04523 / 20 00 59
www.ziegenhof-im-Wiesengrund.de

© Laura Wittemann

Netzwerk der Demonstrationsbetriebe

In Deutschland wirtschaften mehr als 32.000 Betriebe nach ökologischen Richtlinien. Aus dieser Vielfalt hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 290 Biohöfe als Demonstrationsbetriebe ausgewählt. Diese Betriebe öffnen allen Interessierten ihre Türen und Tore und zeigen, wie Ökolandbau funktioniert.

Mehr unter: www.demonstrationsbetriebe.de