Barbara Maier

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Bitte Rücksicht nehmen – Graugänseverkehr in Parks

23. Mai 2024

Wer derzeit durch Parks und Grünanlagen spaziert, hat gute Chancen, ein besonderes Schauspiel beobachten zu können: Graugänse versammeln sich auf wassernahen Wiesen. In den vergangenen Wochen wurden die Graugansküken geboren – Gössel genannt. Eifrig zupfen die noch flugunfähigen Kleinen Gräser aus dem Boden – streng überwacht von Gans und Ganter. Meist grasen gleich mehrere Gänsefamilien gemeinsam – denn Gänse sind gesellig und warnen sich gegenseitig vor Gefahren. Vor ihnen fliehen können die Wildvögel momentan allerdings nicht; denn ab Mitte Mai beginnt bei ihnen die Mauser. Dabei verlieren Graugänse ihre Schwungfedern. Die neuen Schwingen wachsen etwa neun Millimeter pro Tag. Bis das Gefieder vollständig erneuert ist, dauert es etwa fünf Wochen. So lange sind die Vögel flugunfähig.

In Mooren und Sümpfen sind sie in dieser verletzlichen Zeit ungestört. Aber auch städtische Parks bieten ihnen gute Bedingungen. „Hier können die flugunfähigen Küken und ihre mausernden Eltern zwischen Wasser, Schilfgürtel und Wiese hin- und herlaufen“, erklärt Lea-Carina Mendel, Artenschützerin der Deutschen Wildtier Stiftung. Allerdings sind die Gänse hier oft gehörigem Stress, bedingt durch Menschen und Hunde, ausgesetzt. Manche Parkbesucher wiederum sind genervt von der Anwesenheit der Gänse und der Hinterlassenschaften der Vögel auf den Liegewiesen und Spazier- und Radwegen.

Die Deutsche Wildtier Stiftung bittet dennoch um Rücksicht: „Während der Mauser sollten die Tiere nicht aufgescheucht werden. Sonst entsteht unnötiger Stress und viel Durcheinander in der sozialen Gänsegruppe. Die Küken werden dann noch zu leichter Beute für Möwen, Krähen oder nicht angeleinte Hunde“, sagt Mendel. Wie immer gilt: In der Brut- und Setzzeit müssen Hunde an der Leine bleiben, denn sonst könnten selbst einzelne Elternvögel gerissen werden, die sich gerade in der Mauser befinden.

Den Wildvögeln zu nahe zu kommen, ist im Übrigen auch nicht ohne Risiko: Ausgewachsene Graugänse sind durchaus wehrhaft und haben mit einem gezielten Schwingenschlag oder einem kräftigen Biss mit ihrem großen Schnabel schon so manchen Angreifer in die Flucht geschlagen. Sobald die Vögel wieder fliegen können, überlassen sie den menschlichen Parkbesuchern von ganz alleine wieder das Feld. Ist die Mauser vorüber, zieht ein Teil der Graugänse ins Umland oder noch weiter, beispielsweise Richtung Skandinavien. Nach der Graugans starten auch Kanadagans und Nilgans in die Mauser. Aber auch bei diesen Gänsearten heißt es nach etwa fünf Wochen wieder: „Abflug“.

Wissenswertes über Graugänse

  • Grauganspaare bleiben ein Leben lang zusammen. Die Gans sucht sich den Ganter aus.
  • Die jungen Graugänse bleiben das erste Lebensjahr bei den Eltern und lernen so die Zugwege und Rastplätze kennen
  • In Graugansgruppen kämpfen Ganter jedes Jahr neu um die Rangordnung. Der Sieger verkündet seine neue Stellung mit lautem Triumphgeschrei.
  • Jede Gänsefamilie hat eigene Routen und Rastplätze in aller Welt.
  • Gänse können sehr alt werden. Der Hamburger Verein Neuntöter e.V. berichtet von einem Ganter in Hamburg, der das stolze Alter von 27 Jahren erreichte.