Jutta Kürtz

Journalistin & Sachbuch-Autorin

Zum Portrait

So schmeckt der Sommer

Schnüsch aus Angeln
27. Juni 2024

Man nimmt das, was man hat – das ist die alte ländliche Regel. Überall. Man hat seinen eigenen kleinen oder großen Garten und kocht aus dem, was saisonal da ist, Nahrhaftes. Nicht unbedingt Kulinarisches, denn zuallererst musste man früher ja satt werden. Aber für guten Geschmack sorgten Kräuter und Gewürze und meist ein „Stich Butter“, wie man so sagte.

Schnüsch (auch Schnusch oder Snüsch oder Snusch) aus Angeln ist so ein Gericht. Ab Ende Juni kommt der bunte Eintopf im Norden auf den Tisch, er gilt als Spezialität in Angeln. Schon 1801 erklärt das „Holsteinische Idiotikon – ein Beitrag zur Volkssittengeschichte“ die Bezeichnung „Hüsch un Snüsch“, auch „Husch un Snusch“: Der Begriff stamme aus Hamburg und Altona (damals noch nicht zu Hamburg gehörend) und sei „ein Gemengsel, alles durcheinander von Speisen, eher gebräuchlich von Menschen.“ Im „Schleswig-Holsteinischen Wörterbuch“ von Otto Mensing, 1929 in Neumünster erschienen und schnell zum fundamentalen Nachschlagewerk alles Plattdeutschen geworden, lesen wir dann, dass dieses Speisegemengsel und Sammelsurium aus der Landschaft Angeln stamme. Als „snysk“ wird es auch im südlichen Dänemark, also jenseits der heutigen Grenze, gegessen. Speisen, das wissen wir, kannten keine Grenzen…

Es ist in der Tat ein Gemengsel, quer durch den Garten sammelt man das frische Gemüse – meist Erbsen, Brechbohnen, Karotten, Kohlrabi, junge Kartoffeln. Alles wird in mundgerechter Größe bissfest gekocht und mit Salz und Pfeffer gut gewürzt. Dann kommt das Besondere: Heiße Milch mit einem Schuß Sahne gehört darüber, zuweilen mit etwas Mehl angedickt, also gestovt, wie es im Norden üblich ist. Dann kommt noch ganz viel frisch gehackte Petersilie darüber – und ein ordentliches Stück kalte Butter mitten in den Teller. Der ist tief, denn Schnüsch isst man mit dem Suppenlöffel. Auf einem Brett oder Teller daneben liegen – ganz nach Geschmack – eine schöne Scheibe geräucherter Schinken oder geräucherter Speck oder Matjes.

Es gibt viele Schleswig-Holsteiner, die diesen sommerlichen Eintopf gar nicht kennen oder nicht mögen. „Milchsuppe mit Gemüse – das geht gar nicht“, sagt so mancher. Aber ist es nicht immer so: „Wat de Buur nich kennt, dat frett he nich …“. Die Angelner oder Angeliter aber schwärmen davon. Schnüsch muss sein im Sommer!

SCHNÜSCH-Rezept

von Jochen Strehler

(für 4 Personen)

Zutaten:

  • 1 kg geputztes buntes,
  • frisches Gemüse, z.B. Blumenkohl, Bohnen, Kohlrabi, Karotten, Erbsen, Zuckerschoten, Gurke, Brokkoli, Romanesko.
  • Nach Marktlage einkaufen, aber 4 bis 5 Sorten und verschiedene Farben sollten es schon sein
  • jeweils 1/4 l Sahne & Milch
  • 2 EL Weizenmehl
  • 1 EL Butter
  • Salz, Zucker, Muskat
  • frische gehackte Kräuter

Beilagen:

  • 1 kg festkochende Kartoffeln (z.B. Linda, Belana)
  • 8 junge Matjesfilets (z.B. Glückstädter Matjes)
  • 8 Scheiben Holsteiner Katenschinken

Zubereitung:

Die Gemüse je nach Sorte putzen oder/und schälen und mundgerecht schneiden, Gurken ganz dünn schälen, längs halbieren und die Kerne mit einem Löffel herauskratzen, bevor sie dann in die endgültige Größe geschnitten werden.

Die Gemüse jetzt noch nicht mischen, die unterschiedlichen Garzeiten sollten beachtet werden.

© Ingo Wandmacher