Anette Hollenbach

Imkerin & Autorin

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Wo Honig draufsteht, ist nicht unbedingt Honig drin

Bienenkolumne Summ summ summ
22. Januar 2021

TV-Beitrag mit unserer Bienenkolumnistin Anette Hollenbach

Die ZDF-Sendung TerraX klärt über Tricksereien & Schummeleien bei Lebensmitteln auf. Anette Hollenbach wird in der Sendung über „falschen Honig“ im Supermarktregal berichten.

Ausstrahlung am Sonntag, 24. Januar 2021 um 18.25 Uhr. Hier ihre Kolumne zum Thema:

Kennen Sie das auch? Sie stehen vor einem Honigregal und wissen nicht, für welchen Honig Sie sich entscheiden sollen? Die Auswahl ist scheinbar groß aber nicht überall wo Honig draufsteht, ist auch Honig drin.

Der internationale Verband der Bienenzüchtervereinigungen, Apimondia, fördert weltweit wissenschaftliche, ökologische, soziale und wirtschaftliche Bienenzucht und Imkerei. Apimondia beziffert den Anteil gefälschter Reis-Sirup-Breie, die bei uns als Honige in den Verkaufsregalen stehen auf ca. 37 %. Das heißt von 10 Honigen sind 4 gefälscht. Nicht nur in China wird tonnenweise „Honig“ mit Hilfe von Reissirup imitiert. Die Gruppe der Länder, die sich an den Fälschungen beteiligen und den Weltmarkt damit überfluten sind u.a. Indonesien, Vietnam, Mexiko, Ukraine und eben China.

Foto: Hofbienerie

Das einfache Hinzugeben von länderspezifischen Pollen beispielsweise Kaffeeblütenpollen perfektioniert die Fälschung auf Basis von Reisbrei. Als Herkunftsland wird hier dann Mexiko deklariert und fertig ist die perfekte Honigverfälschung. Mit den heutigen Standard-Laboruntersuchungsmethoden ist Reis- Sirup nicht vom Bienenhonig zu unterscheiden.

Speziallabore haben nun mittlerweile viel Arbeit und Geld in die Entwicklung neuer Analysetechnologien wie NMR (nuclear magnetic resonance) oder die Kombination von Flüssigkeitschromatographie gesteckt. NMR-Spektroskopie wird routinemäßig zum umfassenden Inhaltstoffscreening von Wein, Most, Saft, Fruchtkonzentraten, Honig oder auch zur Untersuchung von Gel-Bindern und Verdickungsmitteln sowie zur Untersuchung der Struktur von Pharmaka- und Bio-Makromolekülen verwendet.

Der Nachteil beim NMR ist, dass man mit Hilfe von echtem Bienenhonig eine weltweite Referenzdatenbank aufbauen muss und das ist ein stetiger, langwieriger Prozess.

Bis heute haben die Mitgliedstaaten der EU keine rechtsverbindlichen Referenz- oder Orientierungswerte für Rückstände in Honigen festgelegt.

Die Top 10 der am häufigsten in den vergangenen Jahren bei Betrügereien europaweit aufgefallenen Lebensmittel rangiert laut Bundeszentrum für ErnährungOlivenöl. Auf Platz 6 positioniert sich Honig.

Foto: Hofbienerie

Honigbetrug hat viele Facetten

Durch die Zugabe von Zuckersirup wird das Volumen „aufgebläht“ oder durch das vorzeitige Schleudern und die anschließende künstliche Trocknung in großen „Honigfabriken“ wird viel Zeit und sehr viel Geld bei der Herstellung gespart.

Analysemethoden variieren und Honigbetrüger haben eine steile Lernkurve. „Es gibt kein einziges Verfahren für die Echtheitsprüfung von Honig – weil es so viele Wege der Verfälschung gibt. Man muss sich viele chemische und physikalische Parameter ansehen, um der Schwierigkeit entgegenzuwirken, gefälschten Honig zu entdecken“, sagt Dr. Stephan Schwarzinger, Professor für Strukturbiologie an der Uni Bayreuth. Er kam nämlich auf die Idee, bei der Honiguntersuchung der bereits beschriebenen magnetischen Kernresonanz (NMR) einzusetzen.

Diese magnetischen Wellen liefern einen „Fingerabdruck“ des Honigs, der mit einer Referenzdatenbank von 10.000 weltweiten Proben verglichen wird. Anhand von passenden Profilen ist es so möglich zu wissen, ob das Etikett lügt. „Die NMR-Methode wird leider nur sehr langsam im Lebensmittelsektor eingeführt und aufgrund der Widerstände der Honigindustrie nur wenig angenommen“, so Schwarzinger weiter.

Europa konsumiert mehr Honig als es produziert – und verwendet ca. 50 % Honigimporte aus China. Die größten Importeure sind England, Belgien und Spanien. China ist mit 473.600 Tonnen im Jahr 2016 (gegenüber 161.031 Tonnen in der EU) zum weltweit größten Honigproduzenten geworden.
2016 erreichte der Honigumsatz in China 276,6 Millionen US-Dollar (231 Millionen Euro)
ein Anstieg um 48%. Die Zahl der Bienenstöcke stieg im gleichen Zeitraum jedoch nur um 21 %.

Chinas Bienenpopulation nimmt, wie überall auf der Welt, aufgrund von Pestizidvergiftungen, Umweltverschmutzung und dem Verlust von Bienenlebensraum ab. Wie können die chinesischen Bienen also einen so hohen Ertrag liefern? Die Antwort ist einfach. Unreifer Honig wird geerntet, wenn er noch eine wässrige Konsistenz mit hohem Wassergehalt aufweist. Anschließend wird es künstlich getrocknet, Harzrückstände werden durch Filtration entfernt, Pollen können entfernt oder dem Ursprungsland hinzugefügt werden.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass der in Verkehr gebrachte Honig nicht gefälscht ist. Um dies zu erreichen sind mehr Kontrollen bei den Verpackungsunternehmen erforderlich. Wegen des Rückgangs der bestäubenden Insekten tragen die Honigbienen zunehmend die Bestäubungs-Hauptlast. Der Rückgang der Honigbienenpopulation trägt nicht so schwer, da die Imker immer versuchen, die Verluste auszugleichen. Dies führt dazu, dass die Honigbienen für die Bestäubung immer wichtiger werden, da die anderen Bestäuber wegfallen. Wenn die Bienenzucht nicht mehr wirtschaftlich betrieben wird oder werden kann, gibt es doch eigentlich auch keinen Anreiz die Bienenvölker nach massiven Verlusten wieder aufzubauen.

Die Preise für verfälschte Honige und regional geschleuderte Bienenhonige, die nach den Qualitätsstandards des Deutschen Imkerbundes e.V.  geerntet, geschleudert, gelagert und verkauft werden, entwickeln sich immer mehr auseinander.

Was sind denn überhaupt die Qualitätsmerkmale mit denen ein deutscher Imkerhonig hergestellt wird?

1. Der Honig muss ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erzeugt worden sein.


2. Der Honig muss naturbelassen sein.

Das ist im Allgemeinen der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Invertaseaktivität muss mindestens 64 Einheiten (U/pro kg Honig) betragen. Invertase ist ein sehr wärmeempfindliches Enzym. Eine hohe Invertase-Aktivität ist eine Garantie dafür, dass der Honig nicht wärmebehandelt wurde.
  • Der Hydroxymethylfurfural-Gehalt (HMF-Gehalt) darf 15 mg pro kg Honig nicht überschreiten. HMF ist ein Zuckerabbauprodukt, das insbesondere bei Überhitzung und unsachgemäßer Lagerung entsteht. Ein niedriger HMF-Gehalt ist also ein Kriterium für schonend gewonnenen und richtig gelagerten Honig.
  • Sämtliche honigeigenen Bestandteile sind enthalten, d.h. dem Honig darf nichts hinzugefügt und nichts entzogen werden. Vor allem die wertvollen Pollen werden nicht herausgefiltert und bleiben erhalten.
  • Deutscher Imkerhonig hat ein Wassergehalt von weniger als 18 %.
  • Wasserarme Honige sind reifer, weniger gärungsgefährdet und besitzen ein volleres Aroma.

Wie erkennen Sie Qualitätshonig?


1. Woher der Honig kommt

Zunächst sollten Sie herausfinden, wo der Honig produziert wurde. Bei Bienenhonig aus Deutschland und der EU können Sie davon ausgehen, dass der Honig nicht mit Antibiotika belastet ist, weil eine Behandlung der Bienen mit Antibiotika verboten ist. Das Etikett sollte bestenfalls aussagen, woher der Honig genau kommt, aus welchen Blüten er besteht und wer der Hersteller ist. Gute ImkerInnen sind stolz auf ihren Honig und würden nicht darauf verzichten, ihren Namen auf dem Glas stehen zu haben.


2. Honig im Glas ist eine saubere Sache

Eine Plastikverpackung birgt immer die Gefahr von toxischen Inhaltstoffen und somit Gesundheitsrisiken. Steht der Behälter zu lange in der Sonne, kann es sein, dass die Giftstoffe aus der Verpackung in das Lebensmittel übergehen. Honig, der aus einem Gläschen kommt ist hygienischer als aus einem Plastikbehälter. Aus diesem Grund empfehle ich Honig im Glas zu kaufen.


3. Trüber Honig

Honig ist ein Naturprodukt und deshalb voll von den typischen Substanzen wie Pollen, Wachs oder auch Holz, die die Bienen dem Honig während der Produktion hinzufügen. Bei der industriellen Honig-Herstellung und dem Mischen von verschiedenen Honigsorten oder Honigen verschiedener Imker, wird der Honig zur Homogenisierung schonend erwärmt. Eine schonende Erwärmung ist zwar harmlos, aber sie macht den Honig klar und transparent. So kann man ihn nicht mehr von stark erwärmtem Honig unterscheiden, der durch eine kurze aber starke Erwärmung „stabilisiert“ wird, um länger als 2 Jahre flüssig zu bleiben. Dieser Honig ist zwar deutlich länger haltbar, dafür gehen aber alle seine Nährstoffe verloren, so, dass hauptsächlich Zucker zurückbleibt. Ich empfehle einen trüben Honig zu kaufen.


4. Eine feste Konsistenz ist natürlich

Die meisten Honigsorten kristallisieren mit der Zeit, weil sich die Zuckerkristalle aneinander oder an Pollenpartikel und Wachspartikel binden. Dabei wird das Wasser aus dem Honig verdrängt und er wird fest. Ein naturbelassener Honig sollte spätestens nach dem Winter vollständig kristallisiert sein.


5. Auf die Farbe kommt es an

Je nachdem welche Blüten die Bienen anfliegen um ihren Honig herzustellen, unterscheiden sich die Farben der Honige. Kornblumenhonig hat eine helle Farbe, Kastanienhonig ist dunkler. Kleehonig ist bernsteinfarben mit einem gelblichen Stich. Finden Sie einen dunkleren Kleehonig, können Sie davon ausgehen, dass der Honig nicht „rein“ ist, sondern mit einer anderen Sorte gemischt wurde. Kristallisiert der Honig, wird er heller. Ist ein naturgemäß heller Honig nach der Kristallisierung zu dunkel, können Sie davon ausgehen, dass der Honig falsch gelagert wurde. Ich empfehle verschiedene Honige der gleichen Sorte zu vergleichen. So können Sie herausfinden, ob ein Honig gemischt wurde und ob er schon kristallisiert ist.


6. Honig bei Raumtemperatur aufbewahren

Gerade wegen der Kristallisierung ist es wichtig, dass der Honig immer bei Raumtemperatur gelagert wird. Finden Sie einen Honig, der in zwei Schichten – eine kristallisierte und eine flüssige – geteilt ist, wurde der Honig falsch gelagert und ist deshalb nicht für den Verzehr geeignet.

Wenn ein 500-Gramm-Glas BIO-Honig  für 3 Euro im Supermarkt angeboten wird, deutet schon der Preis auf minderwertige Ware hin. Von einer fairen Entlohnung für die Leistung der Bienen und der ImkerInnen ganz zu schweigen.

Mit dem Kauf eines regional erzeugten Bienenhonigs bei Ihrem Imker Ihres Vertrauens, unterstützen Sie übrigens den Erhalt der Arten – und Pflanzenvielfalt und steigern ganz nebenbei Ihre Lebensqualität. Denn, gibt es etwas Schöneres als blühende Landschaften und bunte Blütenvielfalt am Wegesrand?  Mit einem guten Gefühl wird genussvoll ins nächste Honigbrötchen gebissen – guten Appetit und bleiben Sie gesund!

Foto: Hofbieneri

Hofbienerie Anette Hollenbach

www.hofbienerie.de