Barbara Maier

Autorin

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Lebendiger Dorfmittelpunkt

MarktTreff in Kirchbarkau
27. August 2019

Es war einmal ein kleines Dorf, in der Nähe von Kiel. In diesem gab es einen kleinen Tante-Emma-Laden, eine Bäckerei sowie einen Metzger. Doch nach und nach machten die kleinen Läden dicht, konnte man dort nicht mehr einkaufen. Dann fand man eine Lösung, das Dorf lebt wieder auf.

MarktTreff Kirchbarkau. ©MarktTreff Schleswig-Holstein

Es war einmal ein kleines Dorf in Kirchbarkau, in der Nähe von Kiel. In diesem gab es einen kleinen Tante Emma-Laden, eine Bäckerei sowie einen Metzger. Doch nach und nach machten die kleinen Läden zu. Was blieb, war das kleine Dorf – jetzt ohne größeres oder gar ausreichendes Angebot zum Einkaufen. Und es kam noch schlimmer.


Eine starke Gemeinde

Die knapp 800 Einwohner von Kirchbarkau sowie die umliegenden Gemeinden bekamen im Jahr 2001 ein großes Problem. Der letzte Laden im Dorf – der kleine Krämer – wurde geschlossen. Nun wurde es gerade für junge und ältere Menschen noch schwieriger, die Dinge des täglichen Lebens einkaufen zu können. Nicht jeder hatte Familie oder Freunde mit einem Wagen. Aus dieser Not heraus entstand die Idee des MarktTreffs.

Es wurde ein neues Gebäude errichtet mit einer MaktTreff-Fläche von 200 Quadratmetern inklusive eins kleinen Bistros & Cafés. Dazu Tische und zehn Sitzplätze im Innenbereich – bei warmem Wetter kann draußen gesessen werden. Zudem wurde in dem Gebäude eine Wohnung für einen Zahnarzt und Räume für dessen Praxis geschaffen. Der Marktreff wurde 13 Jahre privat von einem Ehepaar bis zu deren Pensionierung geführt.

Da die Räumlichkeiten des MartTreffs in Kirchbarkau nun keinen Betreiber mehr hatten und ein neuer sich partout nicht finden ließ, wurde es richtig schwierig. Ein Verein meldete sich, der den MarktTreff ein Jahr lang führte, was jedoch nicht so recht gelang. Schon zu dieser Zeit hatte Dagmar Thiele-Gliesche den Posten der Gemeindevertreterin inne und engagierte sich mit weiteren zehn ehrenamtlichen Helferinnen, um den MarktTreff noch irgendwie retten zu können – doch auch dies gelang selbst mit vereinten Kräften nicht. Zu sehr war der MarktTreff mittlerweile heruntergewirtschaftet worden. Im Oktober 2016 folgte dann die Schließung.

Zwar wurde Dagmar Thiele-Gliesche von der Gemeinde gefragt, ob sie den MarktTreff nicht privat übernehmen und führen wolle, doch angesichts des wirtschaftlich ziemlich am Ende stehenden MarktTreffs wollte sie das Risiko nicht eingehen.

© MarktTreff Kirchbarkau


Wir gründen eine Genossenschaft

Nach vielen Diskussionsrunden der Bewohner von Kirchbarkau und gemeinschaftlichen Überlegungen der Gemeinde wurde beschlossen, eine Genossenschaft zu gründen. Kirchbarkau ist in Vorlage gegangen und stellt das renovierte, ortsnahe Ladenlokal mit guter Verkehrsanbindung zur Verfügung – finanziert mit Mitteln vom Land SH und der EU sowie ca. 100.000 € Eigenmitteln. Die übrigen Gemeinden des Barkauer Landes können mit Genossenschaftsanteilen in eigenem und dem Interesse ihrer Mitbürger wirksam helfen.

Die Mitglieder einer Genossenschaft sind zugleich Eigentümer und Kunden. Die Genossen zahlen einmalig eine Gebühr von 50 Euro und pro Anteil 100 Euro. Die Höchstmenge liegt bei 99 Anteilen. Diese könne man nach Ablauf von drei Jahren wieder zurückgeben. Die Nachbargemeinden Klein Barkau und Warnau haben ebenfalls die Mitgliedschaft beschlossen. Jeder einzelne hat Mitspracherecht.

Im Vordergrund der Arbeit steht der genossenschaftliche Förderzweck, nicht die Auszahlung einer Rendite. Diese Genossenschaft wird in Vorstand und Aufsichtsrat von Personen geleitet, die selbst Mitglieder sind. Grundsätzliche Entscheidungen werden in der Generalversammlung der Mitglieder getroffen. Jedes Mitglied hat nur eine Stimme. Dadurch ist die Genossenschaft vor Dominanz einzelner Mehrheitseigner gut geschützt

© MarktTreff Kirchbarkau


Ziele der Bürgergenossenschaft

Absolute Priorität lag in der erfolgreichen Betreibung des neuen MarktTreffs. Die Nahversorgung aller Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden des Barkauer Landes mit frischen, qualitativ hochwertigen Lebensmitteln sollte gewährleistet sein. Insgesamt gibt es 1750 Haushalte im Barkauer Land.

In dem im Oktober 2016 aus der Bürgergenossenschaft neu entstandenem MarktTreff arbeitet Dagmar Thiele-Gliesche nun als Vollzeitangestellte und Marktleiterin. Gemeindevertreterin ist sie inzwischen seit knapp sechs Jahren und der Laden läuft. Zusammen mit 10 Teilzeitkräften und 18 ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen hat sie ein neues Konzept entwickelt. Gemüse und Obst werden überwiegend bei benachbarten Landwirten und Hofläden erworben und das zum selben Preis wie diese es direkt vor Ort verkaufen.

Milch, Käse und Quark liefert Rieckens Landmilch, wobei Thiele-Gliesche für ihre Molkerei-Produkte auch eine Discounter-Linie eingeführt hat, die zu Aldi-Preisen verkauft wird.  Bio-Fleisch kommt von einer benachbarten Hofschlachterei, Brot von zwei handwerklichen arbeitenden Bäckereien (Brotgarten und Rennert), Honig von einem regionalen Imker, das Trockensortiment, wie zum Beispiel Nudeln und Reis liefert B&L, von dem auch Famila und CITTI beliefert werden. Auch hier konnte Frau Thiele-Gliesche dieselben Preise aushandeln, die Famila-Kunden zu zahlen haben.

Dagmar Thiele-Gliesche, Ladenchefin vom MarktTreff Barkauer Land. © MarktTreff


Es geht bergauf

Inzwischen sind knapp drei Jahre unter der Führung Dagmar Thiele-Glieschens vergangen und der MarktTreff läuft inzwischen richtig gut. Mit einem Sortiment von insgesamt 4.500 Artikeln bekommt hier jeder Kunde was er braucht. Frisch, meistens regional und zu fairen Preisen.

Die Bewohner Kirchbarkaus und den umliegenden Gemeinden nehmen den MarktTreff gerne an. Circa 200 Kunden jeden Alters kaufen hier nun täglich ein. Darunter auch die Mitarbeiter des DRK und die Feuerwehrmänner und -frauen.

Und es gibt noch mehr im Angebot: In dem Bistro/Café mit seinen 10 Sitzplätzen wird, von ehrenamtlichen Helfern gebacken, täglich frischer Kuchen angeboten. Kaffee und Tee gibt es natürlich auch dazu.

Dienstags wird außerdem Suppe angeboten. Diese wird aus den nichtverkauften Lebensmittelresten der letzten Tage von den Ehrenamtlichen frisch gekocht. Frau Thiele-Glieschen erzählt: „So bleibt die Biotonne leer, da wir kaum etwas wegwerfen müssen.“ Einige Kunden, so sagt sie, kommen „mit der eigenen Tupper-Dose oder einem Topf, in dem die Suppe auch mit nach Hause genommen und dort verzehrt werden kann. Andere essen gleich im Bistro“.

Jeden Freitag steht für ein bis zwei Stunden ein Wagen mit griechischen Spezialitäten aus einer der Nachbargemeinden vor dem MarktTreff. Auch diese sind von den Inhabern des Wagens selbst hergestellt.

Einen Post- und Paket-Service bietet der MarktTreff ebenfalls an. Nebenan befindet sich eine Sparkasse, damit die Bezahlung der Einkäufe sichergestellt ist. Und – da die Kinder von heute die Kunden von morgen sind – steht in dem MarktTreff die sogenannte „Naschi-Box“ in der es aus großen Gläsern, wie damals im Tante-Emma-Laden, lose Süßigkeiten für fünf bis zehn Cent das Stück, zu kaufen gibt. Der Laden hat sich zu einem echten Dorfmittelpunkt entwickelt.

© MarktTreff Kirchbarkau

 

MarktTreff Barkauer Land

Am Alten Bahnhof 1
24245 Kirchbarkau

Tel.: 04302 9692150

buergergenossenschaft-barkauerland.de

Öffnungszeiten:

Mo bis Fr 7.00 bis 13.30
Mo, Di, Do und Fr 15.00 bis 18.30
Mi nachmittags geschlossen
Sa 7.00 bis 13.30
So 7.30 bis 10.00


Was sind MarktTreffs?

MarktTreffs sollen die Nahversorgung sichern, Arbeitsplätze schaffen und dörfliche Gemeinschaft fördern. Hier wird eingekauft, hier treffen sich Menschen, hier entsteht Bürgerengagement. Gemeinsam mit Akteuren aus den Regionen, aus Wirtschaft, Verbänden und Gesellschaft hat die Landesregierung Schleswig-Holstein das MarktTreff-Konzept entwickelt. Mit den MarktTreffs entsteht ein lebendiger Marktplatz für Produkte, Dienstleistungen, Informationen, Treffpunkten, Initiativen und Ideen.

www.markttreff-sh.de