Jens Mecklenburg

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Story der Woche – Essen an Bord

Über Bordverpflegung & Meuterei
8. April 2024

Auf modernen Kreuzfahrten gibt es reichlich Essen. Müssen die gut zahlenden Passagiere doch bei Laune gehalten werden. Meist gibt es fünf und mehr Mahlzeiten am Tag. Die Qualität ist aus heutiger Sicht anständig bis sehr gut. Bei Luxuskreuzfahrten steht auch gerne mal ein Sternekoch in der Kombüse. 

Man hat aus der Geschichte gelernt, dass Essen an Bord oft über Wohl und Weh einer Seereise entscheidet.

Die Tagesration eines portugiesischen Matrosen bestand im 16. Jahrhundert aus etwa 500 Gramm Schiffszwieback, 1,5 Liter Wasser und einem halben Liter Wein am Tag. Drei Stockfische und einen halben Liter Olivenöl als Zusatzproviant mussten für einen Monat reichen. Dafür wurde die „Speisekarte“ manchmal, wenn man viel Glück hatte, durch einen Zufallsfang bereichert, den die Passagiere heutiger Kreuzfahrtschiffe verwehrt bleibt. Sind doch Steller’sche Seekuh, Brillenkormoran und Karibische Mönchsrobbe ausgestorben.

©Ingo Wandmacher

Hartes Leben an Bord

Schauen wir uns an, wie es im 18. und 19. Jahrhundert auf Schiffen zuging.

Seeleute des 18. und 19. Jahrhunderts rekrutierten sich stets aus der ärmeren Schicht der Landbevölkerung. Ihre Berufe, die sie möglicherweise im zivilen Leben erlernt hatten, sei es Schreiner, Tischler oder vielleicht Schmied waren auch an Bord von Segelschiffen von elementarer Bedeutung. Beinahe alle Seeleute verstanden sich wenigstens etwas auf das Handwerk der Schneiderkunst. Da die Mannschaften arm waren, hatten sie auch wenig Bekleidung. So gab es an manchen Donnerstagen, dem Seemannssonntag, wahre Nähorgien, sofern es der Dienst erlaubte. Die Verlockungen einer geregelten Heuer lockten die einfachen Menschen an, die meist keine berufliche Perspektive in ihrer Umgebung sahen. Manchmal war es auch einfach Abenteuerlust, die aber bei vielen Seeleuten auf Langreiseseglern bald umschlug und zur Routine mutierte.

Die Unteroffiziere, also Maate, rekrutierten sich aus verdienten Mitgliedern einer Schiffsbesatzung. Sie blieben meist an Bord von Schiffen, heuerten also nicht ab. Ihre Aufgabe war es, kleinere Gruppen von Seeleuten zu kommandieren und anzuleiten. Gleichzeitig sollten sie für Disziplin unter der Besatzung sorgen. Sie erfüllten dabei aber auch meist alle Aufgaben, die ein normaler Seemann ausführen musste.

Die Offiziere waren meist Angehörige der mittleren und höheren Bürgerschicht, die aus Abenteuerlust oder anderen Beweggründen zur See fuhren. Viele erträumten sich ein eigenes Patent und ein eigenes Schiff, die meisten jedoch blieben Offiziere. Sie stellten neben dem Kapitän das nautische Personal, setzten disziplinarische Maßnahmen durch, etwa die damals übliche Auspeitschung.

Der Kapitän war der uneingeschränkte Alleinherrscher an Bord eines Seglers. Auf sein Geheiß hin fuhr das Schiff den von ihm befohlenen Kurs. Der Kapitän sollte die Mannschaft disziplinieren, führen, versorgen und schützen. Meist nahm er nur die ersteren zwei Aufgaben wirklich war. Körperliche Strafen wurden grundsätzlich durch den Kapitän verhängt, im Logbuch vermerkt und auf seinen Befehl hin durchgeführt. Der gesamte Komplex der Versorgung oblag dem Kapitän. Hier kristallisierte sich die Qualität des Kapitäns heraus. Sorgte er für genügend Nahrung, war er ein guter Kapitän. 


Der Smutje

Wichtig an Bord, gerade bei Langreiseseglern war selbstverständlich der Schiffskoch. Bezeichnend sind die verschiedenen mundartlichen Namen für den Schiffskoch: „Smut“, „Smutje“, „Smeer“, „Smeerlapp“. Sie alle bezeichnen Schmutz im weitesten Sinne des Wortes. Der Smutje war meist ein älterer Seemann, der die harte Arbeit an Bord eines Segelschiffes nicht mehr bewältigen konnte und als Koch weiter zur See fuhr. Häufig übernahmen auch verletzte Matrosen diesen wenig beliebten Job. Nicht umsonst ist beispielsweise Flint der Smutje im Buch „Die Schatzinsel“ mit Holzbein dargestellt. Im Prinzip saß der Smutje zwischen den Stühlen: Einerseits musste er das Logis mit dem Essen beliefern, das die Speiserolle vorschrieb, andererseits erwartete die Kabine ebenfalls das ihr zustehende Essen. Da ein Smutje kein gelernter Koch war, kam es nicht selten vor, dass die Gerichte, die er kredenzte alles andere als genießbar waren. Es konnte vorkommen, dass mancher Koch, der nichts von seinem Handwerk verstand, den Unmut der Besatzung zu spüren bekam. Das konnte soweit gehen, dass er über Bord geworfen wurde. Meist aber reichte auch schon eine Tracht Prügel, die häufig von den Offizieren toleriert wurde, denn deren Nahrung war ja ebenfalls ungenießbar, obwohl sie meist besseres Essen bekamen.


Ein ganz besonderer Koch

„Man nehme keinen Pinguin.“ So lautet die Anweisung in einem norwegischen Kochbuch. Es wird den meisten von uns sicher nicht schwerfallen, diesem Rat zu folgen, wer hat schon die Vorratskammer voller Pinguine? Besser als ein Pinguin ist für viele der im Buch vorgestellten Gerichte ein Eisbär geeignet. 

Es handelt sich nämlich um ein Polfahrerkochbuch, also ein unerlässliches Mitbringsel bei jeder Polexpedition. Getestet wurden für dieses Buch Rezepte des entdeckungsreisenden Kochs Adolf Henrik Lindstrøm aus Hammerfest (1866 – 1939), dem „unterschätztesten Polarhelden aller Zeiten“, wie es heißt.

Lindstrøms Ruf als Koch muss ungeheuer gewesen sein, die Prominenz der Polfahrer, an der Spitze Roald Amundsen, boten hohe Summen, um ihn von dem Schiff abzuwerben, wo er gerade kochte. Kein Wunder, denn auf Lindstrøms Schiffen gab es keine Fälle von Skorbut. Dabei war zu seinen Lebzeiten noch nicht einmal bekannt, welcher Vitaminmangel diese gefürchtete Krankheit verursachte. Lindstrøm aber hatte beobachtet, dass das Fleisch bestimmter arktischer Vögel Schutz bot – und also kamen sie auf den Speisezettel. Die Expeditionsschiffe seiner Zeit boten wenig Stauraum, deshalb mussten er die Mannschaft, so lange es ging, mit dem bekochen, was unterwegs zu erlegen war, Fisch, Geflügel, Eisbären. In einer winzigen Kombüse musste er sogar ganze Weihnachtsmahlzeiten samt Nachtisch und Weihnachtsbier erstellen. Sein ohnehin großer Ruhm wuchs noch, als er ein Verfahren zum Bierbrauen an Bord entwickelte, von dem man viel schneller betrunken wurde als vom an Land üblichen in Flaschen abgefüllten Bier. 

Ist kein Eisbär zur Hand, nehme man eben Wal, heißt es in einem Rezept. Schneehühner sind schon leichter zu beziehen. Die von Lindstrøm gezauberten Mahlzeiten waren offenbar köstlich und gesund, aber leider gar schwer verdaulich. Lindstrøm, der immer erfinderische, war allerdings nicht zu jedem Experiment bereit. Als Amundsen einmal von inuitischen Fischern Polarfüchse eintauschte, weigerte Lindstrøm sich, diese zuzubereiten. Der jähzornige Amundsen trat selbst an den Herd – die halbe Mannschaft war danach zwei Tage sterbenskrank und erklärte, es habe geschmeckt wie „der Gestank in einem Raubtierkäfig“. Was den Ruhm des rechtmäßigen Küchenchefs nur mehrte. In Hammerfest steht ein Denkmal für den großen Sohn der Stadt, ein viel schöneres Denkmal aber ist das Kochbuch.

Proviant

Heute ist die Situation an Bord von Schiffen, was Lebensmittel betrifft, denkbar leicht. Verderbliche Waren werden in Kühlräumen gelagert, die Reise beispielsweise von Hamburg nach Chile dauert nicht allzu lange und in Chile selbst können problemlos frische Nahrungsmittel ergänzt werden. Auf einem Langreisesegler des 18. oder 19. Jahrhunderts war das eine andere Sache. Kühlmöglichkeiten waren nicht vorhanden. Erst mit der Dampfschifffahrt und der Erfindung der Eisbox war es möglich, frische Lebensmittel länger haltbar zu machen. Zu Beginn wurde diese Möglichkeit selten genutzt und schon gar nicht auf den Trampdampfern, die in der Bestückung am ehesten noch an Segelschiffe erinnerten. Obwohl man bereits seit dem Mittelalter wusste, das Mangelerkrankungen wie etwa Skorbut oder Beri-Beri auf den Mangel an frischem Gemüse zurückzuführen war, ließ sich das kaum ändern. Selbst Zwiebeln und Kartoffeln, die als frische Lebensmittel recht lange haltbar waren, waren nach spätestens drei Wochen verdorben. Ein Segelschifftörn nach Chile dauerte allerdings sechs Monate. Frisches Fleisch wurde zwar mitgeführt, musste aber bereits in der ersten Woche verbraucht sein. 

Nicht selten führten Langreisesegler lebende Schweine, Hühner oder Ziegen mit sich. In seltenen Fällen, abhängig von der Besatzungsstärke, auch mal eine Kuh. Die Tiere ernährten sich von den Abfällen an Bord, die allerdings für die Tiere rationiert waren. Zudem gab es nur wenig bis keine Abfälle. Hühner lebten nur so lange, wie sie Eier legten. Schweine wurden geschlachtet, wenn sie zu schwach waren. Eine Schlachtung an Bord ist jedoch kaum mit einer Schlachtung nach heutigen Maßstäben zu vergleichen. Die Tiere wurden brutal geschlachtet, denn kaum einer der Matrosen war Metzger oder hatte eine vergleichbare Vorbildung, so dass es immer ein sehr blutiges Spektakel war.

Hauptbestandteil der Ernährung auf See bei Seglern seit dem Mittelalter war Salzfleisch und Salzfisch oder Stockfisch. Das Haltbarmachen von Lebensmitteln in Salzlake ist ein Verfahren, das schon seit der Antike bekannt ist. Nachteilig ist, dass dem Fleisch durch die Lagerung in einer starken Salzlake beinahe sämtliche Nährstoffe entzogen wurden. Hinzu kam, dass manche Schiffer Fleisch von einlaufenden Seglern kauften. So war es gut möglich, dass Salzfleisch schon einmal den Äquator passiert hatte, bis es aufgebraucht wurde.

Getrocknete Erbsen, Linsen und Graupen waren nach dem Verbrauch der frischen Gemüse meist die einzigen pflanzlichen Nahrungsmittel, die noch in essbarem Zustand an Bord eines Schiffes waren. Durch die Trocknung waren Erbsen, Linsen und Graupen sehr lange haltbar. Trotzdem verfügten sie nicht über den Nährgehalt frischen Gemüses und dienten zu 90 % nur der Sättigung. Wertvolle Vitamine hatten sie keine mehr oder in so geringen Mengen, dass es nicht weiter ins Gewicht fiel. Gegen Ende einer mehrmonatigen Reise waren sie meist das einzige noch verbliebene Lebensmittel an Bord von Seglern.

Natürlich nahmen Seeleute, sofern es möglich war, frisches Brot mit an Bord. Zumeist jedoch nur Mehl und Hartkekse, den so genannten Schiffszwieback. Dieser wurde aus „tweebacken Brodt“ hergestellt, also aus Brot, das zweimal ausgebacken wurde. Dadurch war dieses Brot extrem lange haltbar, jedoch nicht haltbar genug für viele Monate Schiffsreise. Immer wieder beschwerten sich Seeleute über Maden im Brot. Die Seemänner entwickelten ein einfaches, aber wirkungsvolles Verfahren, die Maden zu entfernen. Da der Keks sowieso im trockenen Zustand nicht essbar war wurde er erst ausgeklopft und anschließend im Kaffee aufgeweicht, bis die Maden herauskamen. Sodann wurden die Maden aus dem Kaffee geschöpft und der Keks war essbar. Mit an Bord gebrachtes Mehl diente eher selten zum Backen. Vielmehr wurde daraus ein Mehlkloß oder -pudding gemacht, den erstaunlicherweise die Seeleute sehr mochten, sofern er dem Smut gelang. Mehl musste aber ebenso regelmäßig vom Befall durch Schädlinge befreit werden, wie alle anderen Lebensmittel auch.

Getränke

Auf Langreiseseglern mussten die Kapitäne stets für ausreichend Trinkwasser sorgen, da das Meerwasser aufgrund des hohen Salzgehaltes dem Körper Flüssigkeit entzieht. Mitgeführt wurde aber nicht nur Trinkwasser, dass ebenfalls nach geraumer Zeit brackig und schlecht wurde. In diesem Fall wurde einfach Natron dem Wasser hinzugegeben und die sich ansammelnden Algen meist durch den Schiffsjungen abgeschöpft. Die Hamburger Speiserolle schrieb vor, dass jedem Seemann pro Monat auch ein gewisses Maß an Bier zustand. Pro Monat hatte der Seemann Anrecht auf einen Oxhoft Bier, also etwa 50 Liter. Das Bier war allerdings so gut wie gar nicht mit heutigem Bier zu vergleichen. Der Alkoholgehalt lag bei etwa 2 – 2,5 %, war also sehr gering. Zudem wurde die Ausgabe streng rationiert. Das verbreitete Klischee vom „Branntwein saufenden Matrosen“ ist falsch. Natürlich schlugen viele Seeleute nach langen entbehrungsreichen Fahrten über die Stränge, wenn sie in Häfen Landurlaub bekamen. An Bord von Schiffen waren hochprozentige Getränke aber weitgehend tabu. Selbst die Seeleute beschwerten sich darüber. So beklagten die Wismarer Seeleute sich 1851 beim Seeamt: „Die Kapitäne sollten lieber Kaffee ausgeben als geistige Getränke.“ In der Folge wurden starke alkoholische Getränke schließlich in den jeweiligen Seemannsordnungen verboten, so zum Beispiel 1854 in der revidierten Hamburgischen Seemannsrolle in der es heißt: „Niemand von der Mannschaft (darf) Branntwein und sonstige geistige Getränke an Bord bringen“.  Natürlich waren die Segler letztlich keine „trockenen Schiffe“. Weiterhin wurde Alkohol mitgeführt. Der Seemann Wossidlo konnte in seinem Tagebuch berichten, dass der erste Schnaps stets um sechs Uhr ausgegeben wurde, also zwei Stunden vor dem Frühstück. Jedoch wurde die Ausgabe von Alkohol streng kontrolliert und galt offiziell als medizinisches Mittel. Selbstverständlich bediente sich die Schiffsführung auch des Branntweins, wenn es darum ging, zu belohnen oder die Mannschaft zu beschwichtigen, wenn das Essen mal wieder von schlechter Qualität war.


Wo einkaufen?

Viele Seeleute hatten es erlebt, dass an Bord von Schiffen bald akuter Mangel an frischen Lebensmitteln herrschte. Man behalf sich mit lebender Nahrung an Bord oder angelte. Gefangen haben die Seeleute fast alles, was im Meer schwamm, gegessen haben sie nicht jeden Fisch. Haie wurden häufig als „Feinde der Seefahrt“ zerstückelt und wieder dem Meer übergeben. Tümmler und andere Delfine waren indes sehr beliebt. Niederbordige Segler konnten sich in den Tropen häufig an fliegenden Fischen erfreuen, die an Bord der Schiffe sprangen. An Bord von Kap-Hoorn-Seglern stand auch Albatros auf der Speisekarte, auch wenn der Vogel nicht den Ansprüchen der Seeleute entsprach, da er als tranig, zäh und geschmacklich schlecht empfunden wurde.

Die meisten Schiffer mussten am Ende der ersten Hälfte ihrer Reise den Proviant ergänzen. Das geschah dann im Verladehafen. Hier tauchten gerade bei Langreiseseglern häufig Probleme auf. Erstens war das Angebot an Nahrungsmitteln meist sehr begrenzt, man denke an die kleinen Salpeterhäfen in Chile, oder die angebotenen Lebensmittel waren unbekannt. Kaum einer der mitteleuropäischen Matrosen hatte jemals eine Papaya gesehen, wenn er das erste Mal auf einem Langreisesegler war.

Speisen

Kapitän und Smutje legten die für die Woche fest. Entscheidend war nur, was die Speiserolle darüber aussagte. Lange Zeit gab es keinerlei Beschränkungen oder Gesetze. Erst im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert änderte sich die Lage der Seeleute in diesem Punkt radikal. Schiffer konnten, was das Essen betraf, nicht mehr alles machen. Die Hamburger Speiserolle schrieb zum Beispiel vor, dass von sieben Wochentagen nur drei Fischtage sein durften, der Rest sollten Fleischtage sein. Gemüse wie Erbsen oder Graupen oder Bohnen sollten abwechselnd gereicht werden. Matrosen hatten das Recht, sich nach Ankunft im Hafen zu beschweren, wenn die Speiserolle nicht eingehalten wurde.

Am wichtigsten war für die meisten Seeleute der Donnerstag, der sogenannte „Seemannssonntag“. Da wurde häufig der berühmte Mehlkloß oder -pudding zubereitet, der mit Pflaumen und Honig gegessen wurde. Die Zubereitung dieser Klöße wurde meist von der gesamten Mannschaft zelebriert und war gar nicht so einfach, wie der Auswanderer Friedrich Gersteker im Jahre 1837 berichtete:

„Den ersten Sonntag hieß es plötzlich – Heute Mittag wird Pudding gemacht, jeder muß ihn sich selbst anrühren! – Da wurde Leben auf der Constitution, und alles rannte sich Säcke zu nähen selben noch in Hoffnung seienden Pudding hineinzuthun! Dann wurde Coyenweise d.h. immer für zehn Mann Mehl und Pflaumen sehr reichlich gefasst, selbige mit Butter angeknetet und etwas von unserem Rum dazu gegethan, und dann in Form einer halben Ell – lange und ungefähr 6 Zoll – 7 Zoll im Durchmesser haltende Wurst in den Kessel gethan! – Zu Mittag als wir nun unser Gebäcke auseinander Schnitten wozu wir – immer 10 Mann eine Flasche Syrup bekamen, war das inwendige noch weißer Brei! Das war aber kein Unglück, mit einem Löffel wurde die ungare Masse heraus genommen und in den Sack wieder gebunden, um noch einmal zu kochen“.


Meuterei 

Wie wichtig die Ernährung an Bord ist, zeigt ein Blick in die Geschichte. Immer wenn es am Essen was auszusetzen gab, gab es Trouble. Schlechte und knappe Küche haben noch keinem Schiff Glück gebracht. Der Kapitän der Discovery befand sich 1611 auf der Suche nach einem nördlichen Seeweg Richtung China. Er landete in einer Bucht im Norden Kanadas, musste dort überwintern, worauf ihm der Proviant knapp wurde. Auf der Heimreise meuterte seine Mannschaft und setzte den Kapitän in einem kleinen Boot in der nach ihm später benannten Hudson Bay aus. Henry Hudson wurde nie wieder gesehen. Auch verdorbene Lebensmittel haben auf einem Schiff nichts zu suchen. Am 27. Juni 1905 waren es die Matrosen leid verfaultes Fleisch vorgesetzt zu bekommen. Wenig später brannte Odessa. 6.000 Menschen starben. Ihr Aufstand auf der Potemkin ging in die Geschichte ein.  

Meutereien wie die Meuterei auf der Bounty sind gemeinhin bekannt, ebenso das Schicksal des Protagonisten Christian Fletcher. Meutereien waren aber nicht alltäglich. Viel häufiger wurden Matrosen bestraft, weil sie geklaut hatten: Meist Nahrung.

Noch im 19. Jahrhundert waren Auswanderer angehalten, sich auf der Überfahrt nach Nordamerika selbst zu verpflegen. Nur in Notfällen, wenn die Überfahrt länger dauerte als geplant oder die Vorräte der Passagiere verdorben waren, wurde zusätzlicher Proviant ausgegeben – das sogenannte Captains Dinner. Heute ist das Dinner mit dem Kapitän ein gastronomisches und gesellschaftliches Ereignis an Bord, meist den besonders betuchten Passagieren vorbehalten. Not macht bekanntermaßen erfinderisch. Manchmal wird sogar was Gutes draus – wie beim Labskaus. 

 

Jens Mecklenburg & Gabriele Haefs

Mit Illustrationen von Till Lenecke

Mythos Labskaus. Eine kulinarische Kulturgeschichte

Edition Nordische Esskultur

KJM Verlag, 140 Seiten, Softcover, 20 Euro

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Ein Podcast über Labskaus